Wie war es, als schwuler Mann oder lesbische Frau, in den Sechziger-, Achtziger oder Zweitausenderjahren in Schleswig-Holstein zu leben? Und wie hat sich das queere Leben im nördlichsten Bundesland in sechs Jahrzehnten entwickelt? Erstmals gibt nun eine Publikation Auskunft zu diesen Fragen.
14 queere Menschen erzählen aus ihrem Leben
92 Seiten stark ist die neue Broschüre „60 Jahre queeres Schleswig-Holstein: Lebensgeschichten von 1960 – 2020“, die nun erschienen ist. 14 Menschen aus Schleswig-Holstein erzählen darin sehr offen ihre ganz persönlichen Geschichten über Selbstverwirklichung, Angst und die große Freiheit im Norden.
Zahlreiche Doppelleben
Zum Beispiel Klaudia. Fast sechs Jahrzehnte lang lebt die gebürtige Kielerin ein Doppelleben. Denn Klaudia ist transsexuell, traut sich aber nicht, ihre wahre Geschlechtsidentität auszuleben. Erst, als sie bereits in den Sechzigern ist, outet sich Klaudia – und fühlt sich endlich frei. Heute lebt sie in Travemünde. Jürgen hält in den Siebzigerjahren mit seiner Homosexualität hinter dem Berg, heiratet eine Frau, bekommt drei Kinder. Erst im Zuge der erwachenden Schwulenbewegung befreit sich Jürgen von den gesellschaftlichen Normen. Mittlerweile ist er 72 Jahre alt. Er und sein Mann leben in Lübeck und sind passionierte Imker.
Broschüre zeichnet Gesellschaftsbild
Alle Lebensgeschichten gemeinsam ergeben ein beeindruckendes Gesellschaftsbild. Gezeigt wird, wie sich Menschen und Vorstellungen in sechs Jahrzehnten gewandelt haben. Aber auch, wie sich die queere Community aus eigener Kraft in die Mitte der Gesellschaft brachte – und dort auch nicht wirklich glücklich ist. Gesammelt hat die Geschichten der Journalist Oliver Pries. Er stammt gebürtig aus Bad Oldesloe, lebt aber seit 30 Jahren in Lübeck.
Land Schleswig-Holstein fördert die Publikation
Die Broschüre „60 Jahre queeres Schleswig-Holstein: Lebensgeschichten von 1960 – 2020“ ist ein Projekt des Lübecker CSD e.V.. Sie wurde gefördert vom Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein.
Fotos: Fortepan
Die Broschüre „60 Jahre queeres Schleswig-Holstein: Lebensgeschichten von 1960 – 2020“ kann seit dem 19. August 2022 auf dieser Seite bestellt werden.
Die Projektidee „60 Jahre queeres Schleswig-Holstein: Lebensgeschichten von 1960 – 2020“ wurde am 05. Dezember 2022 durch das Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet.
Der Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz" wird jedes Jahr vom Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt ausgeschrieben. Den Gewinner/-innen winken Geldpreise in Höhe von bis zu 10.000 €, eine verstärkte Präsenz in der Öffentlichkeit sowie ein Workshop-Angebot, welches die Interessen der Preisträgerprojekte aufgreift. Damit unterstützt das von der Bundesregierung gegründete BfDT zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Bereich der praktischen Demokratie- und Toleranzförderung.
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